Altersgruppe 2 7 bis 9 Jahre

Körper

Detailwissen ist gefragt

Der eigene Körper und der der anderen bleibt spannend! Allerdings werden die Erforschungen und Erkundungen nun versteckter durchgeführt, da das Schamgefühl eingesetzt hat.

Die Grundschule ist für viele Kinder eine Zeit, in der sie sich gerne großes Detailwissen aneignen (etwa über Dinosaurier). Deshalb - und auch, weil die körperliche Reife bereits sehr früh einsetzen kann und die Kinder nicht überraschen sollte - ist nun ein guter Zeitpunkt, kindgerecht über die sichtbaren und unsichtbaren Veränderungen des Körpers, die sie in den nächsten Jahren durchleben werden, zu sprechen.

Viele Kinder in dieser Altersgruppe interessieren sich für körperliche Veränderungen in der Pubertät. Sei es, weil sie größere Geschwister haben, bemerken, dass Erwachsene anders aussehen als Kinder, oder weil sie in Filmen und Werbung damit konfrontiert werden.

Im Folgenden haben wir für Sie Beispiele für typische Aspekte in einem Pubertätsgespräch. Sie finden Ideen dazu, wie Sie ein Gespräch einleiten oder führen können. Die grün geschriebenen Antworten können Sie gerne im Umgang mit Ihren Kindern nachnutzen.

„Wenn man vom Mädchen zur Frau oder vom Jungen zum Mann wird, verändert sich im und am Körper Vieles. Was fällt dir denn auf, was bei erwachsenen Frauen und Männern anders ist als bei Kindern?“

Sie werden wahrscheinlich feststellen, dass den Kindern eine ganze Menge auffällt, beispielsweise:

„Frauen haben Brüste.“

„Es kann sein, dass die Region um die Brustwarzen nun empfindlicher wird, die Brustwarzen gelegentlichen „jucken”. Es kann auch sein, dass eine Brust früher zu wachsen beginnt als eine andere. Das ist völlig normal. Auch bei Burschen kann ein (vorübergehendes) Brustwachstum auftreten, dies ist nicht außergewöhnlich.“

„Da unten wachsen Haare.“

„An den Beinen wachsen die Härchen schon im Kindesalter. Später wachsen auch Haare in den Achselhöhlen und an der Vulva oder um Penis und Hodensack. Die wachsen aber nicht so weiter, wie die Kopfhaare, sondern bleiben kurz, sind oft gekräuselt und drahtiger als die Kopfhaare. Manche Menschen rasieren sich hier, andere nicht. Das kann man selbst entscheiden.“

„Frauen haben die Regelblutung.”

„Ab dann, wenn Mädchen in die Pubertät kommen, bluten sie ca. einmal pro Monat aus der Scheide. Das geschieht, weil in der Gebärmutter ein „Nest” für ein Baby vorbereitet wird - das bedeutet, die Gebärmutter wird „ausgepolstert” (Aufbau der Schleimhaut). Da dieses Nest immer frisch sein muss, wird es, wenn kein Baby drinnen wächst, mit etwas Blut vermischt und verlässt durch die Scheide den Körper. Dann baut sich ein neues Nest auf.“

Gerade zu Beginn der Pubertät ist die Regelblutung noch oftmals unregelmäßig und auch im Erwachsenenalter kann der Zyklus von Mensch zu Mensch stark variieren.

Spätestens in der Grundschule interessiert Kinder, wie sie entstanden sind. Für viele ist das bereits davor Thema - etwa, wenn ein Geschwisterkind kommt.

„Woher kommen die Babys?“

„Die meisten Babys entstehen so: Wenn ein Mann und eine Frau sich sehr lieb haben, dann küssen sie sich, sie kuscheln miteinander, vielleicht auch nackt, und das Engste, wie man kuscheln kann ist, wenn die Scheide den Penis aufnimmt. Wenn die beiden dann weiterkuscheln, kommen beim Penis viele Samenzellen raus und wenn diese dann auf eine Eizelle treffen, kann ein Baby entstehen.“

Besprechen Sie, dass große Jugendliche oder Erwachsene Sex miteinander machen, einfach weil es schöne Gefühle hervorruft - und nicht, weil man jedes Mal ein Baby macht.

„Was bedeutet schwul?"

„Wenn zwei Männer ineinander verliebt sind.“

„Was bedeutet lesbisch?"

„Wenn zwei Frauen ineinander verliebt sind."

Identität

Kinder verinnerlichen geschlechtsspezifische Erwartungen

Im kindlichen Lernen spielen Nachahmung und Beobachtung eine wesentliche Rolle. Mädchen analysieren in der frühen Kindheit, genau wie Jungen, welches Verhalten in einem Fall positiv bewertet und im anderen Fall sanktioniert wird. Manche Eltern ermöglichen z.B. unbewusst ihren Töchtern seltener, dass sie ihre Grenzen austesten. Von Jungen dagegen wird auf dem Klettergerüst oft erwartet ganz nach oben zu klettern. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt dabei unser Einkaufsverhalten.

Seit einigen Jahren gibt es kein Geschäft, in dem nicht nach Geschlecht eingeteilt wird. Einige Produkte vermitteln dabei sehr deutlich, was von Mädchen und Jungen erwartet wird: Mädchen sollen schön sein und lächeln, Jungen wild, frei und mutig durch das Leben gehen. Dadurch werden Stereotype produziert, die dafür sorgen, dass es scheinbar männliche und weibliche Farben, Spielzeuge und Sportarten gibt. Verallgemeinert wird, dass alle Mitglieder eines Geschlechts von vorneherein das Gleiche mögen. Dieses Gender Marketing hilft der Wirtschaft und schränkt unsere Kinder im Erleben von Vielfalt und Ausprobieren ein.

Was können Sie tun?

Stellen Sie in Frage, dass es Mädchen- und Jungenfarben gibt und treten Sie in einen offenen Dialog mit Ihrem Kind. Ermutigen Sie es dazu, auch andere Produkte auszuprobieren, und seien Sie offen für seine Wünsche.

Diese gesellschaftliche und wirtschaftlich begründete Einteilung kann auch dazu führen, dass intergeschlechtliche Kinder keinen Platz für sich finden, und Kinder, die trans* sind, sich sehr früh darüber bewusst werden, dass sie ihre körperliche Entwicklung abbremsen müssen. Jungen, die trans* sind, reagieren auf diesen Druck nicht selten mit Essstörungen, um die Entwicklung des weiblichen Körpers und das Einsetzen der ersten Periode zu verhindern. Eine Möglichkeit, die Ihrem Kind helfen kann, liegt in der Nutzung von Pupertätsblockern. Diese werden ärztlich verschrieben und verlangsamen die Pubertät. So kann das Kind dabei unterstützt werden, in Ruhe ein positives Körpergefühl zu entwickeln.

Die sexuelle Orientierung ist vielfältig

Der Begriff sexuelle Orientierung beschreibt das Begehren einer Person hinsichtlich des Geschlechts einer erwünschten Partnerin oder eines Partners für Sexualität. Dabei gibt es verschiedene Varianten:

  • a-sexuell: man empfindet keine sexuelle Anziehung, egal welchem Geschlecht gegenüber
  • bisexuell: man fühlt sich zu Männern und zu Frauen hingezogen
  • heterosexuell: man fühlt sich ausschließlich zum anderen Geschlecht hingezogen
  • homosexuell: man findet nur das eigene Geschlecht anziehend (dafür werden auch andere Begriffe verwendet, zum Beispiel schwul oder lesbisch)
  • pansexuell: man verliebt sich ganz einfach in Menschen, egal zu welchem Geschlecht sie sich zählen

Kinder erleben in unserer Gesellschaft zunehmend verschiedene alternative Familienmodelle, z. B. die klassische Familie, Patchworkfamilien, Ein-Elternfamilien oder Regenbogenfamilien, also Familien, in denen mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, trans* oder intergeschlechtlich ist. Wenn Kinder an dieser Stelle Fragen haben, kommt schnell das Thema der sexuellen Orientierung zur Sprache. Auch Ihrem Kind werden (z.B. auf der Straße oder zuhause bei Freund*innen) andere Familienkonstellationen auffallen. Sie können es dabei unterstützen, zu verstehen, dass die Vielfalt von Familien genauso normal ist, wie die Vielfalt der Partner*innenwahl. Wichtig ist die Botschaft, dass jeder Mensch das Recht haben sollte eine eigene Entscheidung zu treffen und seinen eigenen Gefühlen zu trauen.

Für die meisten Menschen stellt die sexuelle Orientierung einen zentralen Aspekt ihrer Persönlichkeit dar. Sie beschreibt nämlich nicht nur, zu wem man sich hingezogen fühlt, sondern umfasst auch individuelle Erfahrungen und persönliche Empfindungen. Außerdem hat die sexuelle Orientierung auch für außenstehende Menschen eine Bedeutung: Mit ihr kommen Annahmen und Hoffnungen, Wertvorstellungen und unter Umständen sogar Vorurteile auf. Bestärken Sie Ihre Töchter und Söhne in dieser Altersgruppe andere so zu akzeptieren, wie sie sind, und nicht vorschnell zu urteilen.

Was können Sie tun?

Lesen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Bücher, die das Thema sexuelle Orientierung aufgreifen. Ein Lesetipp wäre: „Sex is a funny word: a book about bodies, feelings, and YOU“ von Cory Silverberg/Fiona Smyth (2015). Das englischsprachige Buch mit 162 Seiten thematisiert „Sexualität“ mit Hilfe von Comiczeichnungen. Dabei greifen der Autor und die Illustratorin auf einfühlsame Weise verschiedene physische und psychische Aspekte und Facetten auf, die Menschen mit dieser Thematik verbinden, und stellen die Vielseitigkeit des Themas dar. Das Buch bietet sich als Medium im Lebensalltag der Kinder und Jugendlichen an, da es immer wieder neue Anregungen gibt, um über das Thema Sexualität, Körper und Liebe ins Gespräch zu kommen (ISBN: 978-1609806064).

Gefühle

Im Alter von 7-9 Jahren werden Kinder stetig eigenständiger. Trotzdem stellen Eltern nach wie vor sehr wichtige Bezugspersonen im Leben des Kindes dar. Dies zeigt sich daran, dass Kinder zum einen eigenständiger werden und auf der anderen Seite zum Kuscheln die vertraute Bezugsperson aufsuchen. Beim Kuscheln tauchen Kinder auch gerne in Geschichten und Fantasiewelten ab. Häufig findet dabei ein fließender Übergang zwischen Fantasie und Wirklichkeit statt. Inhalte ihrer Fantasien können Freundschaft, Liebe und das Verliebtsein in jemand anderen sein. Dies ist auch bei 5-6-jährigen Kindern schon der Fall.

Im Vorschulalter lernen Kinder auch Emotionen wie Scham, Schuld, Neid und Stolz kennen. Diese sozialen Emotionen sind selbstbezogen. Zur Herausbildung dieser Emotionen erfordert es vorangegangene geistige Entwicklungsschritte und ein Verständnis für verschiedene einfache Emotionen. Durch das Erfahren und Erlernen der eigenen Emotionen, ausgelöst in bestimmten Situationen, bildet sich auch ein Verständnis für Emotionen gegenüber anderer heraus.

Insbesondere die Entwicklung des Schamgefühls wird deutlich spürbar. Kinder fühlen sich zunehmend unwohl, wenn sie von anderen Menschen als den vertrauten Personen nackt gesehen werden. Neben der Scham nimmt auch die Privatheit zu und Kinder machen deutlich, welche Informationen sie welchen Personen geben möchten. Diese Privatheit kann sich auch gegenüber vertrauten Bezugspersonen äußern. Hier sollte die Bezugsperson verständnisvoll bleiben und die Entscheidung des Kindes respektieren.

Die kindliche Neugierde bleibt erhalten

Kinder haben nach wie vor viele Fragen über Fortpflanzung und Sexualität. Diese Fragen werden zunehmend konkreter, auch beeinflusst durch den Kontakt mit anderen Kindern und den Kontakt mit Medien. Oft erwecken die Fragen den Anschein, das Kind hätte bereits Wissen zur gestellten Frage. Beweggrund ist aber oft die Suche nach Aufmerksamkeit der Eltern oder Bezugspersonen und dem Wissensdurst. Kinder stellen zunehmend fest, dass Erwachsene auf konkrete Fragen nicht mehr so offen antworten, wie dies die Jahre zuvor stattgefunden hat. Auf der Suche nach Antworten suchen sie Altersgenossen auf und begeben sich zunehmend ins Internet, um Informationen zu erhalten.

Geheimnisse als Bestandteil der eigenen Autonomie

Im fortschreitenden Alter von sieben bis neun Jahren bleiben Geheimnisse ein wichtiger Bestandteil in der Entwicklung der eigenen Autonomie. In diesem Alter kommen bei einigen Kindern noch mehr Geheimnisse dazu, die sich aus dem Alltag der Kinder ergeben. Hierzu können Erlebnisse aus der Schule zählen oder Abenteuer mit anderen Kindern. Es bleibt wichtig, dass Sie Offenheit und Vertrauen signalisieren und einen Gedankenaustausch anbieten. Geheimnisse sollten nicht bewertet werden, denn dadurch könnte eine Bewertung der Gefühle und der Person vermittelt werden. Dies könnte dazu führen, dass das Kind sich beim nächsten Mal andere Personen suchen wird, um ein Geheimnis zu teilen. Wenn es keine anderen Vertrauenspersonen in unmittelbarem Umfeld gibt, wird das Kind keinen Austausch haben. Rückzug des Kindes kann eine Folge davon sein.

Beziehungen verändern sich

Kinder haben in diesem Alter starke Freundschaftsgefühle oder äußern sogar, in jemanden verliebt zu sein. Diese Zuneigung kann sich auf die Lehrer*innen, Erzieher*in, das Haustier oder ein anderes Kind beziehen. Die Gefühle können sehr stark sein, sodass auch ein Vermissen vorkommen kann. Eltern sollten jedes Gefühl des Kindes ernst nehmen, wertschätzen und ihm liebevoll zur Seite stehen. Kinder sollten in dieser Phase lernen zwischen unterschiedlichen Beziehungsarten wie Freundschaft, Liebesbeziehung und Lust zu unterscheiden.

Was können Sie tun?

Diese Zeit der vielen unangenehmen und konkreten Fragen, können Sie als Chance sehen. Nutzen Sie die Fragen, um Ihrem Kind gute Antworten und gezielt richtige Informationen zu geben. Kinder sind sehr wissbegierig und suchen, egal an welchen Stellen, Informationen und Antworten. Wenn Sie kindgerechte Antworten liefern oder auf Kinderbücher verweisen, werden Kinder vor schlechten Informationen aus dem Internet oder von anderen Quellen geschützt.

Durch das Erleben von Freundschaften erwerben Kinder soziale Kompetenzen, bei denen kein Machtgefälle und kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. In diesem Alter beziehen sich Kinder zunehmend auf das eigene Geschlecht, es geht um ein ständiges Austarieren zwischen Eigenständigkeit und Anpassung. Es geht aber auch um Eifersucht, Trennung und um den Aufbau neuer freundschaftlicher Beziehungen. Durch das Ausprobieren und Erfahren dieser Beziehungen wird das Kind mit zunehmendem Alter positive und gesunde Beziehungen und Partnerschaften leben können.

Liebe

Mit der Einschulung beginnt eine Zeit, in der die Kinder die Welt um sie herum auf neue Weise erkunden wollen und verstehen lernen. Als Eltern müssen Sie mit Fragen zu Sexualität, Sex, Schwangerschaft und der Geburt rechnen. Kinder bekommen durch Medien immer stärker mit, dass es auf Werbeplakaten, im Fernsehen oder im Internet häufig um Sexualität geht.

Schon bevor die Pubertät der Kinder beginnt, ist es sinnvoll, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Kinder sind neugierig, stellen Fragen und haben ein offenes Ohr. Sie als Eltern sind Informationsquellen und Ansprechpartner*innen – dies kann sich mit der Vorpubertät der Kinder ändern. Auf der einen Seite wächst Ihre Bedeutung als Gesprächspartner*in und Wissensvermittler*in, auf der anderen Seite verbergen Kinder meist ihre Aktivitäten und ziehen sich zurück. Dieser Rückzug ist ein wichtiger Schritt in Richtung Eigenständigkeit. Ein Teil dieses Rückzuges beinhaltet, dass der eigene Körper und die eigene Sexualität als Privatsache empfunden werden. Als Eltern sollten Sie die Grenzen Ihrer Kinder unbedingt beachten. Finden Sie heraus, wann Zurückhaltung angebracht ist und in welchen Situationen Unterstützung oder Gespräche benötigt werden.

Beachten Sie, dass Sie als Eltern als Vorbild fungieren. Wie Sie sich in einer Beziehung oder dem eigenen Körper gegenüber verhalten, wird von Ihren Kindern wahrgenommen. Seien Sie authentisch in dem, was Sie sagen und machen. Sie müssen kein perfektes Vorbild sein, es kann den größten Lerneffekt haben, wenn Kinder den Umgang mit Problemen und der Kluft zwischen Wunsch und Realität sehen.

Intimität und Schamgefühle

Intimität innerhalb der Familie erfährt das Kind schon das Leben lang. Als Baby wurde es gestreichelt und gepflegt. Als Kind schläft es im Bett der Eltern oder begleitet die Eltern ins Badezimmer. Trotz dieser Unbefangenheit schleichen sich mit steigendem Alter des Kindes Zweifel ein, ob die Intimität zwischen Eltern und Kind doch zu groß ist. Es soll keine Grenze überschritten oder die Intimsphäre verletzt werden. Respektieren Sie hier die Schamgefühle des Kindes. Diese Schamgefühle sind nichts Prüdes oder Verklemmtes. Sie regeln, welche körperbezogenen Handlungen (beispielsweise auf die Toilette gehen oder duschen) in die Öffentlichkeit gehören und welche nicht. So schaffen sie eine Intimsphäre und bieten dem Kind Schutz. Es kann sich zum einen von anderen abgrenzen und passt sich zum anderen an die sozialen Normen innerhalb der Gesellschaft an.

Für viele Kinder sind die folgenden Situationen schambehaftet:

  • An- und Ausziehen
  • Körperpflege
  • Baden oder Duschen
  • Erkundungsspiele und Selbststimulation
  • Abputzen nach dem Toilettengang

Die Abgrenzung und das Zeigen von Grenzen nehmen mit steigendem Alter bei Kindern zu. So bauen sie ihre Intimsphäre auf. Kinder lernen, dass jede Person ein Recht auf Intimsphäre hat und dass es in Ordnung ist, sich abzugrenzen.

Aufklärung über Fruchtbarkeit, Fortpflanzung und Verhütung

Sechs- oder siebenjährige Kinder können den körperlichen Unterschied zwischen Frauen und Männern meist erklären. Sie wissen, dass Frauen eine Vulva und Männer einen Penis haben. Den Zusammenhang zwischen Zeugung und Schwangerschaft verstehen sie meist erst etwas später. Kinder vermuten, dass Erwachsene nur dann Sex haben, wenn sie sich ein Kind wünschen. Der Zusammenhang von Sexualität und Lust bleibt ihnen meist verborgen, weil es Eltern meist leichter fällt, über Fortpflanzung aufzuklären. Die Aufklärung über Fruchtbarkeit, Fortpflanzung und Verhütung sollte noch vor dem Einsetzen der Pubertät stattfinden.

Die Menstruation kann bei einigen Mädchen mit neun oder zehn Jahren beginnen. Bei vielen Mädchen kommt die erste Regel ohne Beschwerden, sie ist auf einmal da. Erklären Sie Ihrem Kind, was im Körper vor sich geht, was es ab jetzt erwartet und wie es mit der Menstruation umgehen sollte.

DIe Rolle der Medien

Kinder kommen mit Medien immer mehr in Berührung: sie schauen öfters fern, lesen Zeitschriften und Bücher oder surfen im Internet. Ohne dass die Eltern dies verhindern können, kommen Kinder mit verschiedensten Bildern und Informationen zu Sexualität in Berührung. Kinder verstehen dabei den Großteil von sexuellen Andeutungen in Filmen oder auf Werbeplakaten nicht, sie bemerken vor allem, dass die Darstellung etwas mit Sex zu tun hat. Dabei entstehen Fragen oder Irritationen. Als Eltern sollten Sie den kindlichen Medienkonsum aufmerksam begleiten. Ein negatives Phänomen ist, dass der Erstkontakt mit pornographischen Materialien früher stattfindet. Filme werden nicht selten über das Handy geteilt und gemeinsam auf dem Schulhof oder im Schulbus geschaut. Dies kann nicht verhindert werden. Eine altersgerechte und vollständige Aufklärung der Kinder ist von hoher Bedeutung.

Was können Sie tun?

Lesen Sie gemeinsam Zeitschriften oder Bücher, schauen Sie Fernsehsendungen oder surfen Sie gemeinsam im Internet. Einige Hinweise können ihnen helfen:

  • Sprechen Sie feste Regeln für Fernsehen und Internetsurfen ab. Was wird angeschaut? Welche Seiten sind tabu? Wann werden der Fernseher oder der Computer an- und wieder ausgeschaltet?
  • Achten Sie bei Filmen, Fernsehsendungen oder Computerspielen auf die Altersfreigabe.
  • Begleiten Sie Ihr Kind bei der anfänglichen Nutzung des Internets. Klären Sie über mögliche Gefahren wie Pornographieseiten oder -werbungen, kostenpflichtige Angebote und den Umgang mit vertraulichen Daten auf. Sie können Filterprogramme installieren und gemeinsam mit Ihrem Kind Internetseiten und Suchmaschinen finden, die für Kinder geeignet sind.
  • Klären Sie mit Familienmitgliedern und Freund*innen den Medienkonsum Ihres Kindes ab. Welche Regeln sollen eingehalten, welche Grenzen beachtet werden?

Sexuelle Gewalt

Das Thema sexuelle Gewalt an Kindern muss im Blick der Eltern sein. Hier heißt es, vorbeugen ohne Panik zu machen. Kinder sollen lernen, ihre Grenzen zu kennen, „Nein!" zu sagen und sich im Notfall Hilfe und Unterstützung zu holen. Sexuelle Übergriffe sind sexuelle Handlungen, die massiv und/oder gezielt die persönlichen Grenzen des Kindes verletzen. Das beginnt bei heimlichen Berührungen, Blicken oder Bemerkungen und geht bis zu gezielten Berührungen an Brust, Po oder Genitalbereich der Kinder. Auch das Zwingen der Kinder Erwachsene oder Jugendliche intim zu berühren oder zuschauen zu müssen, wenn Pornos geschaut oder sich selbst befriedigt wird, zählt zu sexuellen Übergriffen. Besonders schwere Formen sind versuchte oder vollzogene orale, vaginale oder anale Vergewaltigungen. Seien Sie sich darüber bewusst, dass sexueller Kindesmissbrauch in der Regel nicht zufällig, sondern sorgfältig geplant stattfindet. Der/Die Täter*in baut eine Beziehung zum Kind und häufig auch zu den Eltern auf, meist über einen längeren Zeitraum. Sexuelle Übergriffe finden häufig innerhalb der Familie und dem Bekanntenkreis statt, weshalb Vertrauenspersonen außerhalb dieser Kreise für die Kinder von besonderer Bedeutung sind, um zur Not Hilfe holen zu können. Begonnen wird meist mit kleineren Übergriffen und Drohungen, um zu sehen, ob das Kind schweigt. Als Eltern fällt es oft schwer, über sexuelle Gewalt zu reden. Das Kind soll geschützt werden, ohne zu verängstigen.

Was können Sie tun?

  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es den Gefühlen vertrauen kann. Kinder können angenehme und unangenehme Berührungen unterscheiden und ihre Grenzen wahrnehmen. Sollten diese Grenzen verletzt werden, muss das Kind die Fähigkeiten haben, sich zu verteidigen, laut „Nein!" zu schreien und sich Hilfe und Unterstützung zu suchen.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass es Jugendliche und Erwachsene gibt, die Kinder ausnutzen wollen. Die Kinder haben daran keine Schuld, die Verantwortung trägt immer der Erwachsene, nie das Kind.
  • Erklären Sie Ihrem Kind den Unterschied von guten und schlechten Geheimnissen. Manche Geheimnisse verursachen Bauchschmerzen, weil man angeblich nicht über sie sprechen darf. Diese Geheimnisse darf das Kind Personen erzählen, denen es besonders vertraut.

Das Verhalten von Kindern, die sexuelle Gewalt erfahren haben, ist je nach Alter und Persönlichkeit sehr verschieden. Nur wenige Kinder sagen direkt, wenn sie sexuelle Gewalt erlebt haben, sie machen eher Andeutungen, weil ihnen die richtigen Worte für das Geschehene fehlen. Gerade deshalb werden die Hinweise häufig nicht richtig verstanden. Seien Sie sich bewusst, dass Kinder sexuellen Missbrauch nicht von sich aus erfinden.

Was können Sie tun?

Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Kind Missbrauch erfahren hat, sollten Sie dieses Gefühl ernst nehmen und ihm nachgehen.

  • Suchen Sie sich eine Vertrauensperson, mit der Sie sich austauschen können.
  • Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es mit Ihnen reden kann.
  • Sagen Sie, dass Sie sich Sorgen machen, weil Ihnen Veränderungen aufgefallen sind.
  • Bleiben Sie ruhig und geben Sie Ihrem Kind die Erlaubnis, über gute und schlechte Geheimnisse reden zu dürfen. Vermitteln Sie, dass Hilfe holen kein Petzen oder Verrat ist. Geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass Sie ihm glauben.
  • Setzen Sie Ihr Kind nicht unter Druck.
  • Vermitteln Sie, dass Sie über belastende Themen Bescheid wissen und selbst belastbar sind.
  • Konfrontieren Sie nie den möglichen Täter oder die mögliche Täterin.