Altersgruppe 3 10 bis 12 Jahre

Körper

Viele Kinder fühlen sich in diesem Alter in ihrem Körper zunehmend unwohl, insbesondere, wenn die Zeichen der Pubertät einsetzen. Überlegen Sie, wie Sie sich damals gefühlt haben, was Ihre Wünsche und Ängste waren, was Sie gegen lästige Pickel unternommen, woher Sie Ihre Antworten auf brennende Fragen erhalten haben - und sprechen Sie mit Ihrem Kind offen darüber. Solche Gespräche sind für Kinder meist sehr hilfreich, weil es nicht um sie selbst geht und sie erfahren, dass es auch den Eltern ähnlich erging.

Im Folgenden finden Sie ein Beispiel für den Einstieg in ein Pubertätsgespräch.

„Während der Pubertät gibt es viele körperliche Veränderungen. Einige Veränderungen bemerkst du, weil sie sichtbar werden. Andere laufen unsichtbar im Inneren deines Körpers ab. Das gilt zum Beispiel für den Beginn der Pubertät. Dafür gibt die Hypophyse - eine Drüse an der Hirnbasis - den Startschuss an den Körper, die Produktion von bestimmten chemischen Substanzen – den Hormonen - zu steigern. Die körperlichen Veränderungen, die du an dir feststellst, werden vor allem von diesen Hormonen verursacht. In die Pubertät kommen alle Kinder. Manche früher, manche später. Das ist wie auf einer Party, wo auch nicht alle gleichzeitig kommen, aber irgendwann sind dann alle da.“

Alle Kinder sind auf der Suche nach Antworten, die ihren Körper betreffen. Doch sie haben auch Fragen zum Körper und der Entwicklung anderer Geschlechter. Folgende Informationen sollten alle Geschlechter erhalten. Dies ist wichtig, um ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Es ist für Kinder spannend, sich Wissen vom eigenen und anderen Körpern anzueignen.

Bei den meisten Menschen geschieht in der Pubertät Folgendes im und am Körper:

Mädchenkörper

Bei den Mädchen sind die Hormone Östrogen und Gestagen, die in den Eierstöcken produziert werden, für körperliche Veränderungen in der Pubertät verantwortlich. Achsel- und Schamhaare beginnen zu wachsen. Die Brüste beginnen zu wachsen, die Hüften werden breiter und die Mädchen bekommen eine Taille. Nicht sichtbar für das Mädchen ist zunächst die Eizellreifung, die in den Eierstöcken beginnt. Ab diesem Zeitpunkt kann ein Mädchen schwanger werden, es ist nun geschlechtsreif. Für jedes Mädchen wird diese Veränderung dann sichtbar, wenn als Folge der ersten Eizellreifung zum ersten Mal die Regelblutung eintritt.

Mädchen, die früh ihre erste Regelblutung bekommen, fühlen sich oftmals alleine mit dem Thema, denn die Freundinnen können da noch nicht mitreden, deren Entwicklungsschritt ist noch ausständig.

Die Menarche oder erste Regelblutung setzt bei den meisten Mädchen zwischen dem elften und 15. Lebensjahr ein. Zuvor kann es sein, dass der sog. „Weißfluss” - eine milchig-weiße Flüssigkeit - aus der Scheide austritt: als „Vorbotin” zur ersten Blutung. Das geschieht, weil Mädchen schon immer Eierstöcke mit tausenden Eizellen im Bauchraum haben. Diese Eizellen sind in einer Art „Winterschlaf”, bis das Mädchen in die Pubertät kommt. Dann sorgen Hormone (Botenstoffe) dafür, dass Eizellen aktiv werden. Der Eisprung (Ovulation) ist anfangs unregelmäßig, regelmäßig wird die Periode im Durchschnitt nach 6-24 Monaten.

Frauenärztin/Frauenarzt

Der Eintritt der Periode ist kein Indiz dafür, eine Untersuchung vornehmen zu lassen, sondern dafür, dass im Körper alles passt. Sobald Geschlechtsverkehr angestrebt wird, sollte eine gynäkologische Untersuchung und ein Gespräch über Verhütungsmittel stattfinden. Auch das Thema Safer Sex, also die Vermeidung von sexuell übertragbaren Infektionen, muss besprochen werden.

Intimhygiene

Für die Reinigung der Vulva (in den Hautfalten kann sich Smegma ansammeln, eine gelblich/weiße Substanz aus Talg) reicht klares Wasser und gegebenenfalls ein Waschlappen aus. Wer möchte, kann eine ph-neutrale Seife verwenden. Intimlotionen und -sprays sind überflüssig und gesundheitsgefährdend, das heißt, das Scheidenklima kann gestört werden und die Vulva und die Scheide fangen an zu jucken.

Wenn man die Regel hat, kann man Slipeinlagen oder Binden verwenden, damit das Blut nicht in die Unterhose geht, sowie auch Tampons oder Menstruationstassen.

Frühzeitig über die Menstruation zu sprechen und Intimhygiene einzukaufen, auch für die Schultasche einzupacken, erspart unangenehme Überraschungen. Slipeinlagen und Binden sollten frei zugänglich sein. Für die meisten Mädchen ist der Gedanke, sich einen Tampon in die Vagina einzuführen, noch relativ unvorstellbar. Deshalb verwenden die meisten anfangs Slipeinlagen, bei stärkerer Blutung Binden. Tampons sind aber ein Thema, das Sie besprechen sollten (Größe, Einführen, richtiger Sitz), drängen Sie jedoch Ihr Kind nicht, diese zu benutzen. Halten Sie es aber auch nicht davon ab, wenn der individuelle Zeitpunkt für es gekommen ist. Allerdings sind Tampons seit einiger Zeit im wissenschaftlichen und medialen Fokus, da sie - gerade, wenn sie zu lange im Körper verbleiben - die Gefahr einer Infektion bergen. Auch sind die meisten Tampons (und auch Einlagen) chlorgebleicht und somit gesundheitsgefährdend. Zudem saugen sie nicht nur das Menstruationsblut, sondern auch Teile der Vaginalschleimhaut auf. Dies und der Umstand, dass man rund 500 Mal im Leben menstruiert und somit viel Geld verbraucht und Müll produziert, sind mitunter Nachteile, die immer mehr Menschen zu alternativer Monatshygiene greifen lassen: zum Beispiel auswaschbare Stoffbinden, Menstruationsslips und langlebige Menstruationstassen.

Der Mythos „Jungfernhäutchen“:

Viele Mädchen haben Angst, dass durch die Verwendung von Tampons das „Jungfernhäutchen” reißen könnte. Nehmen Sie Ihrem Kind diese Angst: es gibt kein Häutchen, das den Scheideneingang verschließt. Es gibt einen Schleimhautkranz (auch Scheidenkranz oder vaginale Corona), der jedoch bei den wenigsten Mädchen beim ersten penetrativen Geschlechtsverkehr blutet.

Der Mythos „beim ersten Mal tut es immer weh“:

Leider hält sich dieser Satz sehr hartnäckig, was dazu führt, dass Jugendliche denken, das gehöre halt einfach dazu beim ersten penetrativen Geschlechtsverkehr. In sehr wenigen Ausnahmefällen kann es tatsächlich sein, dass der Scheidenkranz (siehe oben) einen Teil der Vaginalöffnung verdeckt und dann einreißt. In den allermeisten Fällen ist es jedoch die Muskulatur der Vagina, die sich zusammenzieht anstatt lockerlässt. Das kann sein, weil man noch nicht bereit ist, zu aufgeregt, zu wenig feucht, ängstlich etc. Eine wichtige Botschaft ist hier, sich einfach mehr Zeit zu lassen.

Interkörper

Manche Menschen werden mit intergeschlechtlichen Genitalien geboren. Die allermeisten intergeschlechtlichen Personen kommen jedoch erst im Lauf ihres Lebens darauf – etwa in der Pubertät, wenn Hormone den Körper in eine Richtung verändern lassen, die man vielleicht nicht erwartet hätte: z.B. Einsetzen oder Ausbleiben von Stimmbruch, Regel, Brustwachstum, Bartwuchs/Körperbehaarung, Wachstum der Schwellkörper. Rund 1,7 Prozent der Bevölkerung weist intergeschlechtliche Geschlechtsmerkmale auf.

Jungenkörper

Bei Jungen wird das Hormon Testosteron in den Hoden produziert. Eine sichtbare körperliche Veränderung bei Jungen ist das verstärkte Wachstum von Körperbehaarung. Bartwachstum setzt ein. An Achseln und Hodensack beginnen die Haare zu sprießen. Eine hörbare Veränderung ist der Stimmbruch. Unsichtbar läuft im Körper die Produktion der Samenzellen ab. Das passiert in den Hoden und heißt, dass ein Junge ab jetzt Kinder zeugen kann. Bemerkt wird das, wenn das erste Mal ein Samenerguss passiert.

„Jungs bekommen den ersten Samenerguss” - und sind meist nicht darauf vorbereitet.

Ändern Sie dies und entlasten Sie somit Ihr Kind, das womöglich denkt, wieder ins Bett genässt zu haben:

„Wenn Jungen in die Pubertät kommen, beginnt der Hoden Samenzellen zu produzieren. Das tut er ununterbrochen bis zum Lebensende. Die Samenzellen werden in den Nebenhoden gelagert. Wenn diese „Lagerhallen” voll sind, kommen Millionen von Samenzellen mit einer Flüssigkeit vermischt beim Penis raus. Die Menge ist ca. ein Esslöffel. Erstmalig geschieht das meist zwischen elf und 15 Jahren.“

Ab dem ersten Samenerguss ist man geschlechtsreif.

Intimhygiene

Besprechen Sie, wie es sich im Intimbereich richtig wäscht, um Smegma (eine gelblich/weiße Substanz aus Talg) zu vermeiden: die Vorhaut muss zurückgezogen und die Eichel und der untere Eichelrand mit der Hand und klarem Wasser gereinigt werden. Sollte das Zurückziehen schwierig sein und schmerzen, kann das ein Anzeichen für eine Vorhautverengung sein. Das müsste beim Urologen abgeklärt werden. Meist gelingt es mit Hilfe von Cremes, diese Verklebungen zu lösen. Eine teilweise oder vollständige Entfernung der Vorhaut ist nicht immer nötig und sollte nicht die erste Wahl sein, da sich viele sensible Nervenzellen in der Vorhaut befinden, die für das Lustgefühl wichtig sein können. Es kann jedoch auch eine medizinische Indikation für eine (teilweise) Zirkumzision, also männliche Beschneidung, gegeben sein. Holen Sie sich gegebenenfalls eine zweite ärztliche Meinung ein und beziehen Sie Ihr Kind in die Aufklärung und Entscheidung mit ein. Bis zum Eintreten der Pubertät ist in der Regel keine Beschneidung notwendig. In einigen Kulturen wird diese auch ohne medizinische Notwendigkeit durchgeführt.

Stimmbruch

Jungen kommen in den Stimmbruch. Dieser Prozess wird eine Weile dauern und von Krächzen und Kieksen begleitet sein. Auch Mädchen kommen in den Stimmbruch. Dieser ist aber so gering, dass es nicht auffällt. Trotzdem wird die Stimme bei Mädchen auch etwas tiefer.

Alle Körper

Körperhygiene allgemein

Körperhygiene ist jetzt wichtiger. Denn in der Pubertät wird die Haut wahrscheinlich fettiger, man schwitzt mehr, es können Pickel entstehen und der Körpergeruch verändert sich. Dies sind Folgen der Talgproduktion, die durch hormonelle Veränderungen im Körper angeregt wird. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass der Körpergeruch durch Schweiß dazu führt sich öfter waschen zu müssen. Bei starken Pickeln oder Akne suchen Sie einen Hautarzt auf, um Narbenbildung zu vermeiden.

Sexuelle Erregung

Durch Fantasien oder visuelle Reize (reale Körper, Pornografie) werden Menschen sexuell erregt. Die Scheide wird feucht, Vulvalippen und Klitoris schwellen an, Brustwarzen werden steif. Die Schwellkörper des Penis füllen sich mit Blut und lassen diesen sich aufrichten. Die Atmung wird schneller, Blutdruck und Herzfrequenz steigen an.

Viele Jungen können ihre sexuelle Erregung nicht verbergen - eine Erektion ist noch nicht kontrollierbar und passiert ihnen in den peinlichsten Situationen. Sie hat nicht nur mit sexueller Lust zu tun, sondern ist auch Reaktion auf körperliche Reize (sog. „Morgenlatte“).

Selbstbefriedigung

Es ist wichtig, diese als Erwachsene*r nicht zu bewerten oder gar zu verbieten. Selbstbefriedigung ist eine Möglichkeit, den eigenen Körper und die eigene sexuelle Lust zu entdecken und zu genießen. Selbstbefriedigung ist Sex mit sich selbst und ruft in keiner Weise körperliche oder psychische Schäden hervor - lassen wir die Zeit der Mythen unserer Großeltern endlich hinter uns!

Sexualität und Medien

Unsere Kinder kommen heute sehr früh mit Pornografie in Kontakt: Sobald sie Zugang zu einem Smartphone, Tablett oder PC mit Internetfunktion haben, werden sie damit konfrontiert. Und das müssen nicht mal die eigenen Geräte sein. Davor schützen kann man sie nicht. Aber darauf vorbereiten: indem man frühzeitig eine liebevolle Basis in Bezug auf die Besprechbarkeit von sexuellen Themen bereitet; indem man ihnen alle Fragen beantwortet und das Thema auch selbst anspricht, wenn keine Fragen kommen. Kinder glauben, eine Doku zu sehen, wenn sie einen Porno sehen: „So funktioniert also Sex.“ Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass Sex etwas ist, das Menschen machen, die sich liebhaben, wenn das beide wollen und es für beide schön ist. Das, was man im Video sieht, hat damit wenig zu tun, es bedient Fantasien anderer Menschen.

Sie werden wahrscheinlich versuchen, einen Schutz oder Filter in die Geräte einzubauen oder einen Familien-PC im Wohnraum aufzustellen: Das sind wichtige Vorkehrungen. Und trotzdem wird es den Kontakt - vielleicht durch andere Kinder - mit Pornografie nicht aufhalten. Bleiben Sie mit Ihrem Kind in Kontakt, interessieren Sie sich für das, was es ansieht. Spätestens jetzt macht es sich bezahlt, wenn Sie das Thema Sexualität als unaufgeregtes Thema besprechbar machen konnten - denn dann wird Ihr Kind lange mit diesbezüglichen Fragen zu Ihnen kommen.

Körperbilder

Durch die Medienwelt, der Kinder von frühem Alter an ausgesetzt sind, übernehmen sie gewisse Ideale: Wie haben Jungs, wie haben Mädchen auszusehen? Diese ohnehin unerreichbaren Ideale, die oftmals durch Photoshop hergestellt werden, setzt Jugendliche einem hohen Erwartungsdruck aus: Wie ein Model auszusehen wird als Ziel deklariert. Dafür nehmen viele Jugendliche Einiges in Kauf: Diäten, die in Essstörungen münden können, Nahrungsergänzungsmittel, exzessiver Fitnessclub-Besuch und oftmals bereits im Jugendalter der Wunsch, den Körper auch chirurgisch an ein Ideal anzupassen.

Je früher Kinder gelernt haben, ihren Körper als etwas Besonderes wahrzunehmen, sich in ihm wohl zu fühlen, ihm etwas Gutes zu tun, viele (wenn auch nicht alle) Teile zu mögen, andere zu akzeptieren, desto leichter wird ihnen dies auch in der Pubertät fallen. Ist doch die Pubertät eine Zeit, in der man noch nicht wissen kann, wie der Körper „danach“ aussieht: alles wächst, sprießt in unterschiedliche Richtungen. Das kann verunsichern. Bestärken Sie Ihr Kind darin, dass es einzigartig ist - dass alle Körper einzigartig sind. Sehen Sie sich gemeinsam Videos an, in denen gezeigt wird, wie stark Menschen am Bildschirm verändert werden können, und dass dies nicht der Realität entspricht.

Sexuelle Aktivitäten, Verhütung & Safer Sex

Sprechen Sie mit Ihrem Kind auch bereits in diesem Alter über Verhütung. Nicht, weil es diese in nächster Zukunft schon benötigen wird (das Durchschnittsalter liegt laut Durex Report 2015 europaweit bei 18,5 Jahren), sondern - im Gegenteil - weil es noch so weit davon entfernt ist.

Für Mädchen ist folgende Aussage wichtig und entlastend:

„Du entscheidest, wann ein guter Zeitpunkt für dein erstes Mal ist. Verlass dich auf dein Gefühl und lass‘ dich von niemandem drängen! Es ist normal, sich ein wenig ängstlich und unsicher zu fühlen. Wenn diese Gefühle sehr stark sind, bist du möglicherweise noch nicht bereit für Sex. Vielleicht solltest du dann noch warten. Das erste Mal kann aber auch aufregend und spannend sein. Es hilft, wenn du und dein Partner/deine Partnerin füreinander genügend Zeit habt und dabei ungestört seid. Sprecht miteinander darüber, was ihr möchtet und wie ihr euch fühlt.“

Selbstverständlich sollen auch Jungs sich zu nichts drängen lassen, weder von Freunden noch von Medien.

„Wenn ein Mann und eine Frau Sex haben wollen, ohne dass die Frau schwanger wird, müssen sie verhüten. Die Frau kann z.B. die Pille nehmen, der Mann ein Kondom.“

Safer Sex

Homosexuelle wie auch heterosexuelle Jugendliche, die sexuell aktiv werden möchten, benötigen Informationen zu sexuell übertragbaren Infektionen und wie sie sich davor schützen können. Sie sollten auch wissen, wohin sie sich im Fall von Juckreiz oder übelriechendem Ausfluss wenden können. Die Kondomverwendung sollte wieder mehr ins Bewusstsein der Jugendlichen gerückt werden. Häufig werden gebrauchte Kondome auf Spiel- und Parkplätzen gefunden und Kinder kennen Kondome aus dem Supermarkt oder der öffentlichen Toilette. Es ist das einzige Verhütungsmittel, das vor Krankheiten beim hetero- wie auch homosexuellen Geschlechtsverkehr schützt. Lecktücher übernehmen diese Funktion beim vaginalen Oralverkehr. Wenn Sie die Möglichkeit haben, eine Beratungsstelle aufzusuchen, die sexualpädagogische Workshops anbietet, nutzen Sie das Angebot. Jugendliche tun sich oft mit externen Personen leichter, über diese Themen zu sprechen. Ein Besuch in einer Beratungsstelle oder gynäkologischen Sprechstunde sollte vorgenommen werden, wenn ein Paar vorhat, miteinander sexuell aktiv zu werden. Hier werden den Jugendlichen die in Frage kommenden Verhütungsmittel mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt und gegebenenfalls ein Rezept für hormonelle Verhütung ausgestellt. Das Thema Safer Sex soll ebenfalls besprochen werden.

Identität

Eine „andere“ sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität ist keine Krankheit

Warum und wann ein Mensch feststellt, wen er/sie liebt, ist persönlich begründet und ein Erzeugnis von Emotionen. Die Voraussetzungen, die die sexuelle Orientierung eines Menschen bestimmen, sind vielfältig. Was aber auf jeden Fall gesagt werden kann: Sie entsteht weder durch die Sozialisation noch durch die elterliche Erziehung und auch nicht durch Verführung. Die Vorstellung, eine Frau würde lesbisch, weil sie lesbische Pärchen sieht, oder ein Mann würde schwul, weil im Unterricht über Schwule geredet wird, wurde wissenschaftlich widerlegt. Auch Sie als Eltern haben keinen Einfluss auf die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität Ihres Kindes. Diskutiert wurde und wird weltweit auch heute noch, dass Homosexualität eine Krankheit sei, die durch bestimmte Therapien heilbar wäre. Auch das stimmt nicht. Die WHO (World Health Organization) hat 1992 Homosexualität aus dem weltweit geltenden Gesundheitskatalog (ICD 10) gestrichen. Daher ist sie medizinisch und juristisch nicht als Krankheit anzusehen. Auch Transsein ist keine Krankheit, sondern lediglich das Gefühl, dass das biologisch zugewiesene Geschlecht nicht mit dem eigenen Empfinden übereinstimmt. Darauf geht der neue Gesundheitskatalog der WHO (ICD 11) ein, der seit 2022 gilt, und von Geschlechtsinkongruenz, also der mangelnden Übereinstimmung zwischen dem Körper und dem Geschlechtsgefühl, spricht.

Coming-Out: „To come out of the closet“ ist eine englisch-amerikanische Redewendung und bedeutet wörtlich übersetzt ‚aus dem Schrank kommen‘. Die übertragene Bedeutung ist, sich nicht mehr zu verstecken, sondern offen zu seiner sexuellen Identität zu stehen. Ein Coming-Out wird oft in zwei Phasen unterteilt: Zum einen das innere Coming-Out, d.h. sich darüber bewusst zu werden und zu akzeptieren, zum anderen das äußere Coming-Out, d.h. sich seinen Mitmenschen mitzuteilen. Coming-Out bezieht sich auch auf Menschen die a-, bi-, pansexuell und trans* sind.

Das innere Coming-Out eines Kindes kann sehr früh einsetzen. Ab dem 10. Lebensjahr hat das Kind ein Gefühl des „Andersseins“. Nicht selten fehlen Kindern dann Begriffe und sie versuchen, ihre wahren Gefühle über einen längeren Zeitraum zu verdrängen oder recherchieren alleine im Internet. Dabei können sie auch verstörende Informationen erhalten. Um hier vorzubeugen, können Sie Ihrem Kind frühzeitig Informationen über sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten zukommen lassen und es somit dabei unterstützen, diese zu verstehen. Dieser Art Gespräche sollten nicht erst geführt werden, wenn etwas „anders“ zu sein scheint - ein offener Umgang mit diesen Themen in Ihrer Familie führt zu Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, stärkt Ihr Kind und hilft dabei, eine offene und diskriminierungsfreie Gesellschaft aufzubauen.

Jugendliche brauchen Unterstützung der Familie und Schutz vor Diskriminierung

Das zentrale Thema der (Vor-)Pubertät ist die Identitätsfindung. Das Selbstkonzept, das Ihr Sohn/Ihre Tochter in der frühen Kindheit entwickelt hat, wird überprüft und eventuell verändert. Kinder bilden ihre ganz persönliche unverwechselbare geschlechtliche und sexuelle Identität aus. Damit verbunden ist das Gefühl frei zu sein, sich im eigenen Körper wohl zu fühlen und als eigenständige Person anerkannt zu werden. In diesem komplexen Prozess hilft den Kindern die offene Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und deren jeweiligen Werten und Normen. Dabei braucht es Rückenhalt und Unterstützung durch Sie und weitere Familienmitglieder.

Was können Sie tun?

Reden Sie mit Ihren Kindern über Gefühle und helfen Sie bei der Bildung einer eigenen Meinung. Geben Sie Rückhalt sowie ehrliches Feedback. So unterstützen Sie sie bei der Entwicklung eines eigenen Wertesystems. Setzen Sie sich mit Ihrem Kind auseinander und respektieren Sie seine Werte und Prioritäten, auch wenn Sie diese nicht unbedingt gutheißen, z.B. wenn es sich geschlechtsuntypisch kleiden möchte, Hobby-/Berufswünsche formuliert und keinen Stereotypen entsprechen möchte.

Alle Kinder benötigen in dieser Zeit Rückhalt und Unterstützung. Vor besonders großen Herausforderungen stehen dabei allerdings queere Kinder und Jugendliche. Denn nur, wer von der gesellschaftlichen Norm abweicht, muss sich, laut Meinung der Mehrheit, auch dazu bekennen, also sich outen. Dabei wird vergessen, dass sich heterosexuelle Menschen ganz selbstverständlich permanent outen, ohne dass dies bewertet wird: Heterosexuelle Paare spazieren Hand in Hand in der Öffentlichkeit und küssen sich auf der Straße, der Lehrer erzählt von seiner Frau oder das Mädchen tanzt mit dem Jungen in der Disco.

Die Bezeichnung queer wird für Menschen verwendet, die sich einer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität zuordnen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht. Gemeint sind auch Menschen, die mit ihrem Aussehen und/oder Verhalten nicht den gängigen Rollenbildern entsprechen.

Queere Jugendliche kommen dabei selten vor. Weder sind sie in der Öffentlichkeit zu sehen, noch finden sie sich in Schulbüchern, Arbeitsmaterialien, Filmen zur besten Sendezeit etc. Ihr Coming Out scheinen sie sich daher genau überlegen zu müssen, denn es ist keine so leichte Sache. Denn „Anderssein“ als die gesellschaftliche Norm es erlaubt, ist auch immer noch mit Erfahrungen von Diskriminierung und Gewalt verbunden.

Die Europäische Union hat in den letzten Jahren 140.000 queere Menschen in 30 Ländern dazu befragt und am 14. Mai 2020 eine europaweite Studie veröffentlicht. Festgestellt wurde darin z.B., dass 62% der Befragten ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität in der Schule geheim halten. Aber es gab auch positive Erkenntnisse: Jede zweite befragte Person gab an, dass es in der Schule Mitschüler*innen bzw. Lehrkräfte gibt, die die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt unterstützen.

Es gibt viele Diskriminierungsformen, im Zusammenhang mit Geschlechterfragen sind es diese:

  • Sexismus: Diskriminierung aufgrund der Vorstellung, nach der ein Geschlecht dem anderen von Natur aus überlegen sei. In den meisten Fällen betrifft es Menschen mit einem weiblichen Körper und Menschen, die sich als Mädchen identifizieren, da sie als schwächer oder weniger intelligent als Männer dargestellt werden.
  • Interfeindlichkeit: Diskriminierung gegenüber zwischengeschlechtlichen Lebens- und Ausdrucksweisen sowie von körperlich-geschlechtlicher Vielfalt.
  • Transfeindlichkeit/Transphobie: Diskriminierung gegenüber von Personen, die trans* sind, sowie starke Abneigung gegen Transsexualität und Personen, die ihre Geschlechtsidentität offen zum Ausdruck bringen.
  • Biphobie, Homofeindlichkeit/Homophobie: Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

Diskriminierung ist ein Grund von vielen, warum Kinder und Jugendliche sich nicht outen und ihre Gefühle verstecken. Andere Gründe liegen in der Angst davor, die Freund*innen zu verlieren oder gemobbt zu werden. Kinder, die ein positives Bild von ihrem Körper haben und davon überzeugt sind wertvoll zu sein, haben es in dieser Situation leichter. Es ermutigt Kinder, die sich solchen Situationen stellen müssen, zu wissen, dass sie nicht alleine sind und von Ihnen, so wie sie sind, wertgeschätzt werden. Darüber hinaus scheint es gerade für Jugendliche hilfreich zu sein, dass es viele Menschen gibt, die mit ihrem queeren Dasein offen umgehen.

Was können Sie tun?

Suchen Sie gemeinsam nach prominenten queeren Vorbildern in Film, Kunst, Sport und Politik. Einige Beispiele sind die Künstlerin Frida Kahlo, das Multitalent Leonardo da Vinci, der Maler und Dichter Michelangelo, die Tennisspielerin Martina Navratilova, der Unternehmer Tim Cook, die Schriftstellerin Virginia Woolf, der Komponist Peter Tschaikowsky, der Rockstar David Bowie oder die Schauspielerin Kristen Stewart. Im Buch “Queer heroes” von Arabelle Sicardi und Sarah Tanat-Jones werden in deutscher oder englischer Sprache jugendgerecht 53 queere Held*innen vorgestellt. Ermutigen Sie Ihr Kind beim „Ich sein dürfen“.

Gefühle

In diesem Alter beginnt die Pubertät, die eine entscheidende Entwicklungsphase darstellt und nicht nur körperlich stattfindet. Die Pubertät bringt sehr einschneidende Veränderungen mit sich, die für Kinder und auch Eltern bewegend sind. Einerseits müssen Eltern und Kinder sich voneinander lösen, was auch mit Schmerzen, Streit und Kummer verbunden ist. Andererseits brauchen Kinder in der Pubertät weiterhin Eltern, die ihnen beim Übergang ins Erwachsenenleben liebevoll Halt geben.

Dies merken Sie vielleicht daran, dass Ihr Kind zuhause zunehmend familiäre Regeln in Frage stellt. Auch werden eigene Entscheidungsspielräume eingefordert und das Kind grenzt sich davon ab, wie ein „Kleinkind“ behandelt zu werden. Kinder ziehen sich häufiger in ihr Zimmer oder an einen privaten Ort zurück. Diese Entwicklungen können zur Zunahme von Spannungen zwischen Ihnen und dem Kind führen. Jetzt ist die Aufgabe sich auf die Situation des Kindes einzustellen und nicht umgekehrt. Viele Kinder verstehen selbst nicht, was mit ihnen los ist und bereuen trotzige Äußerungen später, ohne dies zugeben zu können. Während der Pubertät werden die Verbindungen zwischen einzelnen Nervenbahnen im Gehirn um- und aufgebaut, was die bekannten Gefühls- und Verhaltensirritationen auslösen und verstärken kann. Wenn sich Kinder aufregen, steckt kein böser Wille dahinter. Die Nerven liegen im wahrsten Sinne des Wortes blank und Stimmungsschwankungen sind an der Tagesordnung. Trotzdem brauchen Kinder in dieser Zeit besonders Orientierung und damit Regeln sowie ein klar nachvollziehbares Verhalten seitens der Bezugspersonen. Oft ist es hilfreich, Regeln nicht immer wieder neu zu definieren. Sondern transparent kommunizieren, damit die Hintergründe der Regeln vermittelt werden.

Beziehungen verändern sich

Durch die genannten hormonellen Veränderungen werden Kinder geschlechtsreif und erleben Verliebtsein und damit verbundene erotische Fantasien auf andere Weise als zuvor. Sexuelle Impulse werden drängender und Selbstbefriedigung gewinnt an Bedeutung. Erste Annährungen und Liebesbeziehungen zwischen Jugendliche finden statt. Jugendliche gehen miteinander aus, halten Händchen und geben sich Küsse. Meist sind Jugendliche nicht in dem Maße aktiv, wie Erwachsene das erwarten. Dennoch möchten Jugendliche zumeist nicht auf diese Themen angesprochen werden. Darauf reagieren sie häufig abweisend oder schamhaft. Respektieren Sie die Abgrenzung und freuen Sie sich über die neuen Erfahrungen, die Ihr Kind gerade macht.

Mobbing und Diskriminierung müssen ernst genommen werden

Jugendliche sind in dieser Zeit auf der Suche. Das beeinflusst auch Freundschaften aus Kindertagen, die manchmal übergangsweise oder auch endgültig zerbrechen. Neue Beziehungen unter Jugendlichen entstehen. Viele Jugendliche möchten, mit ihren Unsicherheiten, nicht auffallen und versuchen sich im Mainstream. In dieser Zeit kann es zu Mobbing kommen. Mobbing ist eine Form der Gewalt, die häufig vorsätzlich gegen Menschen ausgeübt wird, die wehrloser als andere erscheinen. Dabei gibt es ein klares Muster der Beteiligten. Auf der einen Seite stehen der*die Mobbende und Unterstützer*innen (die verstärken oder assistieren) und auf der anderen Seite das Opfer und evtl. ein*e Verteidiger*in. Dazwischen befinden sich Außenstehende, die beobachten und froh sind, dass sie nicht zum Opfer geworden sind. Wenn Ihr Kind, egal in welcher Rolle, sich zum Mobbing in einer Gruppe äußert, ist es wichtig, dass Sie eingreifen.

Es gibt Kinder und Jugendliche, die nicht der vermeintlichen gesellschaftlichen Norm entsprechen. Diese erfahren oft Diskriminierung und Gewalt.

Mobbing kommt über einen längeren Zeitraum vor und kann sich in verschiedenen Arten äußern: körperlich, mit Worten oder psychisch. Körperliches Mobbing äußert sich durch Schlagen, Schubsen, Anspucken und ähnliches. Jemanden beleidigen, anpöbeln, verächtlich behandeln findet meist verbal oder auch im Internet statt. Psychisches Mobbing dagegen zeigt sich beispielsweise in Lächerlichmachen, Bedrohen, Einschüchtern oder darin, dass Gerüchte über jemanden verbreitet werden.

Was können Sie tun?

Verdacht auf Mobbing – Wenn Sie den Verdacht haben, Ihr Kind ist mit Mobbing konfrontiert oder erfährt physische oder psychische Gewalt, suchen Sie eine Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche vor Ort auf, manchmal gibt es auch eine Sozialarbeit an der Schule. Dies könnte ein passender Ort sein, Hilfe zu holen. Unterstützen Sie Ihr Kind und suchen Sie gemeinsam nach Hilfe.

Durch die Aktivität im Internet kommt es zunehmend zu Cybermobbing. Dort werden Jugendliche gezielt von bekannten oder unbekannten Personen beleidigt, bedroht, bloßgestellt oder belästigt. Dies kann durch unterschiedliche Kommunikationsmedien, wie beispielsweise dem Smartphone, stattfinden.

Gefühle und Stimmungen der Jugendlichen wechseln schnell und für Außenstehende meist ohne ersichtlichen Grund. Schon bei Kleinigkeiten können impulsive Reaktionen ausgelöst werden. Durch die Umstrukturierung des Gehirns fällt es vermehrt schwer, die eigenen Gefühle einzuordnen. Wichtig ist, dass Sie in dieser besonderen Zeit weiterhin den Kontakt zu Ihrem Kind halten. Daran entscheidet sich, wie sich Ihre Beziehung zum Kind langfristig entwickeln wird. Das bedeutet aber auch, dem Kind in gewissen Situationen ein klares „Nein“ entgegenzusetzten, gleichzeitig sollten Sie jedoch signalisieren, dass damit nicht Ihre Beziehung beeinträchtigt ist. Beziehen Sie sich dabei immer auf das jeweilige Verhalten des Kindes und nicht auf die ganze Person.

Beispielsweise durch die Aussage:

„Ich finde dieses Verhalten von dir nicht richtig, weil du unsere Abmachungen missachtet hast.“

Damit wird Ihre Haltung gegenüber dem Verhalten Ihres Kindes deutlich gekennzeichnet. Zusammen mit einer Begründung wird die Reaktion für das Kind transparent.

Bei aufkommendem Streit sollten Argumente, Regeln und daraus resultierende Entscheidungen transparent kommuniziert werden. Nur so können Jugendliche die Entscheidung nachvollziehen. Über alldem steht oft die Frage „Wie lässt sich gemeinsam eine Lösung finden?“. Bezugspersonen sollten sich in der schwierigen Zeit auf Verhandlungen zu Regeln einlassen und Kompromisse schließen. Wie weit Sie dabei gehen, liegt im individuellen Ermessen. Eltern sollten bereit sein, zuzuhören und die Gefühle des Kindes zu verstehen, statt zu ermahnen. Auch ist davon abzuraten Ratschläge zu erteilen, Kommentare abzugeben oder sofortige Lösungen für ein Problem zu finden.

Nehmen Sie auch Entschuldigungen von Ihrem Kind an und seien Sie nicht nachtragend. Das kann sehr kränkend für das Kind sein. Für jedes Kind in der (Vor-)Pubertät sind zwei Dinge besonders wichtig: dass es sich gehört und verstanden fühlt. Wenn Sie dabei noch authentisch und zugewandt gegenüber Ihrem Kind auftreten, sind dies gute Voraussetzungen, die Zeit gemeinsam zu meistern.

Liebe

Gerade während der Pubertät sind die Gefühle intensiv und können die Kinder verwirren oder überfordern. Die Sehnsucht nach dem ersten Kuss, dem ersten Mal Sex haben oder einem/einer festen Partner*in sind ganz normal. Das Interesse an Liebe und Sex steigt. Heranwachsende möchten immer mehr über sich selbst, ihr Liebesleben und ihre Sexualität bestimmen. Je mehr Sie sich als Eltern einmischen und Verbote aussprechen, desto weniger wird Ihnen Ihr Kind erzählen. Versuchen Sie die selbstständige Partner*innenwahl Ihres Kindes zu akzeptieren, auch wenn Ihnen die Wahl nicht zusagt. Ein Eingriff in die Partnerschaft und die Privatsphäre ist erst dann sinnvoll, wenn Sie sich sicher sind, dass Ihr Kind durch die Beziehung Schaden nimmt.

Das erste Mal

Auch wenn die ersten sexuellen Erfahrungen und der erste Geschlechtsverkehr Ihres Kindes eher noch in der Zukunft liegen, muss mit der Aufklärung über Sex, Verhütung, Schwangerschaften, Beziehungen und Liebe schon begonnen werden. Viele Kinder machen sich Gedanken darüber, wie das erste Mal wohl sein wird, ob es wehtut, ob der/die richtige*r Partner*in gefunden wurde oder wann der richtige Zeitpunkt ist. Ihr Kind sollte wissen: Mach nie etwas, was du nicht magst. Akzeptiere ein Nein deines Gegenübers. Geh nur so weit, wie du möchtest, und lass dich nicht unter Druck setzen. Informieren Sie Ihr Kind darüber, dass auch beim ersten Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft möglich ist. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr Kind über Verhütung aufgeklärt ist. Auch über Geschlechtskrankheiten sollten Sie Ihr Kind behutsam aufklären – gerade wie sie sich schützen können.

Die eigenen Erfahrungen, Haltungen und Werte spielen eine große Rolle bei der Aufklärung der eigenen Kinder. Oft werden die Werte und Vorstellungen unreflektiert und unbewusst auf die Kinder übertragen. Als Eltern können Sie sich überlegen, wann bei Ihnen das erste Mal war und wie Sie sich damals gefühlt haben. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Was möchten Sie bei den Themen Sexualität und Beziehungen Ihrem Kind mitgeben? Dürfen Freund*innen bei Ihrem Kind übernachten? Wie und von wem wurden Sie aufgeklärt? Was hat Ihnen gefehlt, was hat Ihnen geholfen?

Die Pubertät ist für schwule, lesbische oder bisexuelle Kinder eine besonders angespannte Zeit. Während der späten Kindheit war eine gleichgeschlechtliche Orientierung ein eher unbestimmtes Gefühl, mit der Pubertät wird sie allmählich zur Gewissheit. Diese Kinder benötigen von ihren Eltern Unterstützung und vor allem Akzeptanz. Nehmen Sie sich als Eltern Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Stellen Sie Ihrem Kind Fragen und hören Sie zu, um sich mit der möglicherweise fremden Lebenswelt vertraut zu machen.

Selbstbefriedigung und Masturbation spielt eine wichtige Rolle für die sexuelle Entwicklung von Kindern. Es kann der eigene Körper erforscht, ertastet und entdeckt werden. Dieser Lebensbereich ist für Kinder äußerst intim. Unterschiede beim Masturbationsverhalten zwischen Mädchen und Jungen lassen sich beobachten, vor allem Mädchen machen wenig sexuelle Erfahrungen mit Masturbation. Jungen masturbieren häufig während oder nach dem Konsum von Pornographie.

Pornographisches Material und Sexting

Der Kontakt mit Pornographie oder sexuell explizitem Material findet immer früher und über vielzählige Wege statt. Der Konsum geschieht meist über das Smartphone oder Handy beziehungsweise Laptop oder Computer. Gerade in den sozialen Medien können Kinder auch ungewollt Kontakt mit sexuellen Darstellungen haben. Befragungen haben deutlich gemacht, dass Kinder recht häufig erotische Bilder oder Videos erhalten oder weiterversandt haben.

Unter Sexting versteht man den privaten Austausch selbst produzierter erotischer Fotos. Erotische Bilder werden meist mit dem Smartphone aufgenommen und an die Zielperson oder eine bestimmte Personengruppe verschickt. Das Versenden der Bilder kann über verschiedene Wege ablaufen, über WhatsApp, als MMS oder in Apps wie Snapchat, Facebook oder Instagram. Die Absicht von Sexting ist es, sich in einer erotischen und anregenden Weise darzustellen und dies mit einer anderen Personen zu teilen. Der Begriff Sexting ist unter Jugendlichen nicht weit verbreitet, sie nennen diese Nachrichten eher „sexy Aufnahmen/Selfies/Pics/Posingbilder oder Nudes“.

Klären Sie Ihr Kind frühzeitig auf, bevor es in Kontakt mit Pornografie kommen kann. Dann kann es das Gesehene besser einordnen. Es ist nicht möglich, Kinder vor Pornografie zu schützen. Auch wenn Sie Ihrem Kind kein Smartphone kaufen oder keinen PC zu Hause haben, so hat es doch Kontakt mit anderen Kindern. Bleiben Sie mit Ihrem Kind gut im Austausch, was es gesehen hat. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass Pornografie nicht „echten Sex“ abbildet, sondern sexuelle Fantasien und auch Gewalt. Das hat mit der Realität kaum etwas zu tun.

Sexting ist ein vielschichtiges Phänomen, das zum Großteil innerhalb einer Beziehung stattfindet. Allerdings passiert es auch, dass das Material ohne Einverständnis der Person weiterverschickt wird. Kinder sollten sich den Gefahren von Sexting bewusst sein und eine kritische Auseinandersetzung mit sozialen und ethischen Aspekten, Respekt und Empathie beherrschen. Sexting kann auch ein Teil von sexuellen Experimenten im Jugendalter sein. In Selfies wird der Körper in Szene gesetzt und kann ein Bezugspunkt der sexuellen Identitätsentwicklung von Jugendlichen sein. Hier können Normen von Schönheit oder die eigene Attraktivität ausgetestet werden. Kinder sollten wissen, dass sie ohne Zustimmung nicht fotografiert oder gefilmt werden dürfen. Auch dürfen Fotos oder Filme ohne Einverständnis nicht weitergeleitet oder herumgezeigt werden.

Sexuelle Gewalt

Die Aufklärung und Prävention von sexualisierter Gewalt ist auch vor dem Teenageralter wichtig. Grenzüberschreitungen im sexuellen Bereich finden überwiegend an Mädchen statt, aber auch andere Geschlechter können betroffen sein. Opfer werden von den Täter*innen häufig unter Druck gesetzt, dass etwas Schlimmes passieren würde, wenn sie ihr Schweigen brechen und sich anderen anvertrauen. Als Eltern sollten Sie aufmerksam zuhören und Ihrem Kind unbedingt Glauben schenken, wenn es Andeutungen in Richtung sexueller Gewalterfahrungen macht. Seien Sie sich dessen bewusst, dass sexuelle Gewalt häufig innerhalb der Familie oder dem Bekanntenkreis stattfindet. Bewahren Sie Ruhe und entscheiden Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was zu tun ist. Holen Sie sich Hilfe und Unterstützung bei Fachpersonen und Organisationen.

Das Verhalten von Kindern, die sexuelle Gewalt erfahren haben, ist je nach Alter und Persönlichkeit sehr verschieden. Nur wenige Kinder sagen direkt, wenn sie sexuelle Gewalt erlebt haben, sie machen eher Andeutungen, weil ihnen die richtigen Worte für das Geschehene fehlen. Gerade deshalb werden die Hinweise häufig nicht richtig verstanden. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Kind Missbrauch erfahren hat, sollten Sie dieses Gefühl ernst nehmen, ihm nachgehen und sich unbedingt bei Beratungsstellen Hilfe und Unterstützung holen.